„Pfarrei im Porträt“

Die neue Sonderbeilage der Mainzer Kirchenzeitung ist online. Viel Spaß beim Schmökern!

Journalistin für Print- und Online-Medien im Rhein-Main-Gebiet

„Pfarrei im Porträt“

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Familie Wagner aus Schwabenheim schmückt seit 30 Jahren den örtlichen Osterbrunnen

 

Das ganze Jahr über steht „Paulchen“ allein und nackig auf dem Schwabenheimer Marktplatz. Genauer gesagt, in der Mitte des Marktbrunnens. Dort ist die kleine Statue dann die einzige Zierde. Doch am Gründonnerstag ist das für einige Wochen vorbei. Dann kommen Christa und Walter Wagner und einige Helfer zum Brunnen. Drei Stunden später ist der Ort nicht wiederzuerkennen. Paulchen ist nun umgeben von grünen Zweigen, Blumen und vor allem: bunten Eiern. Aus dem Marktbrunnen ist ein Osterbrunnen geworden. Bis in die ersten Maitage bewundern dann Einheimische und Wanderer auf das farbenfrohe Kunstwerk.

 

Das war nicht immer so. Wie bei jeder guten Idee, die ein Ortsbild verschönert, brauchte es auch in Schwabenheim schlicht ein paar Menschen, die sich der Sache annahmen. „Damals wohnte eine evangelische Pfarrersfamilie in Schwabenheim, mit der meine Familie befreundet war“, erinnert sich Christa Wagner. „Die hatten solche Brunnen in Franken gesehen und schlugen vor, das hier auch mal zu machen.“ Ehepaar Wagner Senior und Tochter Christa, damals schwanger mit ihrem ersten Kind, waren sofort begeistert. Geplant wurde ein Gestell, genannt Krone, das mit Ostereiern verziert auf dem Brunnen stehen sollte. Das Team der örtlichen Schlosserei Schnörr nahm sich der Sache an und fertigte die Krone. Nun konnte es losgehen. Eine Behindertenwerkstatt aus dem Nachbarort lieferte – und liefert bis heute – über 20 Meter Tannengirlanden, die den Rand des Brunnens und Teile der Krone schmücken. Während aus praktischen Gründen bei vielen Osterbrunnen bunte Plastikeier zum Einsatz kommen, war Wagners sofort klar, dass sie das nicht so wollten. Echte Eier, ausgeblasen und bemalt, sollten es sein. Damit begann eine langwierige Arbeit für die beiden Familien und ihre Helfer. Denn allein die Krone trägt 1200 Eier. Hinzu kommen nochmal rund 200 an den unteren Girlanden.

 

Einige erste Unikate am Brunnen wurden damals von den Kindern des kirchlichen Bastelkreises bemalt. Die gesamte Aktion war wie ein kleines Fest im knapp 3000 Einwohner großen Schwabenheim. Christa Wagner erinnert sich noch gern an die geselligen Treffen, bei denen die einen stundenlang Eier bemalten, die anderen sich um das leibliche Wohl des Teams kümmerten – nicht selten mit einer Eierspeise aus dem vormaligen Inhalt der bunten Schmuckstücke. „Ich würde mir wünschen, dass es wieder so wird“, sagt die 51-Jährige. Über die Jahre hat es sich entwickelt, dass sie und ihr Mann das meiste in Heimarbeit zu zweit vorbereiten. Für die Zukunft hoffen sie, noch weitere Schwabenheimer für ihre Sache zu begeistern. „Zum Beispiel könnten verschiedene Vereine je eine Girlande gestalten“, überlegt Walter Wagner. Eine große Eiermalaktion im Ort, das wäre auch identitätsstiftend, findet er.

 

Brunnen-Verschönerer in der dritten Generation

 

So viele Eier wie 1989 musste das Team nie wieder ausblasen. Doch natürlich gehen jedes Jahr ein paar kaputt, die ersetzt werden müssen. „Ungefähr 150 Eier blase ich jedes Jahr für den Brunnen aus, damit wir auf jeden Fall genug haben“, berichtet Walter Wagner. Inzwischen hilft bereits die dritte Generation in der Familie mit: die vierjährige Enkelin Sophia. Das Ausblasen ist noch schwierig, „aber das Anmalen macht ihr großen Spaß“, sagt die Großmutter. Auf dem Esstisch stehe bereits dutzende Eierkartons mit buntem Inhalt. Bei der Gestaltung ist alles erlaubt. In diesem Jahr hat Walter Wagner etwa zwei Eier mit BvB-Logo bemalt, „weil ein Freund sich das gewünscht hat. Gepunktet, gestreift, mit aufwändigen Mustern in allen Farben – so werden die einzelnen Eier später zu dem fröhlich-bunten Mix am Brunnen. Auch Freunde und Bekannte aus dem Ort nehmen den Wagners ab und an das Bemalen von ein paar Kartons ab. Gemalt wird mit Wasserfarben, verziert mit Deckweiß und schwarzen Filzstiften.

 

Am Gründonnerstag beginnt der Aufbau. Zunächst wird die Krone aus der Scheune von Küsterin Magda Schmelzer geholt, wo sie das restliche Jahr über auf ihren großen Auftritt wartet. Alle im Vorjahr beschädigten Eier werden ersetzt. „Dann kommt der schwierigste Moment, wenn wir zu viert die Krone auf den Brunnen heben“, sagt Christa Wagner. Wenn das unfallfrei geschafft ist, atmen alle auf. Dann wird der Brunnenrand mit Frühlingsblumen bepflanzt, die die Ortsgemeinde zur Verfügung stellt. Die Eier zahlt Familie Wagner aus eigener Tasche.

Während der Kartage erfährt der Brunnen bereits viel Bewunderung. Vor dem Auferstehungsgottesdienst am Morgen des Ostertags trifft sich die Gemeinde der evangelischen Kirche am Markt traditionell am Brunnen. Und da die katholischen Kommunionkinder am Weißen Sonntag wegen der Größe der Kirche bei den evangelischen Christen „Asyl“ bekommen, entstehen am geschmückten Marktbrunnen nicht wenige Erinnerungsfotos.

In diesen sonnigen Frühlingstagen mischen sich Christa und Walter Wagner dann ins Getümmel auf dem Marktplatz. „Das sind dann die schönsten Momente“, sagt Christa Wagner strahlend, „wenn man da unerkannt sitzt und den Leuten zuhören kann: 'Oh, guck mal, das sind ja alles echte Eier! Was für eine Arbeit! Wie wunderschön!' - Da wissen wir, es hat sich mal wieder gelohnt!“

 

Dieser Artikel erschien in den Osterausgaben 2019 der Kirchenzeitungen "Liboriusblatt" und "Glaube und Leben".

 

 

 

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